Krebs Aktuell | 6. April 2025

Arbeit, Progress und Sex: Ein ganz normales Krebsleben

Manchmal kommt einfach alles zusammen: Am Dienstagvormittag waren wir gerade im Auto unterwegs zum Impact Hub, um uns über neue Unterstützungsmöglichkeiten für den Krebs Campus zu informieren. Da klingelte mein Handy und mein Arzt war dran: „Der Progress ist bestätigt, drei neue Rezidive in der Leber.“ Für einen Moment stockte mir der Atem. Doch noch bevor ich meinen (Therapie-)Plan B hervorzaubern konnte, schlug er mir eine Kryoablation vor – zeitnah, um die kleinen Herde möglichst effektiv zu erledigen. Also rasch in den Kalender geschaut, gemeinsam Termine abgeglichen, und weiter zum Meeting. Denn das Leben hört ja nicht einfach auf, nur weil der Krebs mal wieder anklopft.

Work in Progress

Im SINNkubator-Programm lerne ich momentan viel darüber, wie Visionen und Missionen Gestalt annehmen, wie man Teams aufbaut und Projekte nachhaltig finanziert. Genau das müssen wir tun: Den Krebs Campus auf stabile Beine stellen. Und während ich im Impact Hub saß und über Finanzierungsmodelle sprach, lag mir gleichzeitig das neue Arztgespräch im Kopf. Aber so läuft das eben, wenn man metastasiert ist: Wir jonglieren Arzttermine, neue Diagnosen und berufliche Weiterentwicklung oft zur selben Zeit. Und ich finde, das zeigt ziemlich deutlich, wie resilient wir sein können, wenn wir müssen.

Neue Termine, alte Therapie

Nach dem Meeting ging es auch gleich weiter zur Immuntherapie. Ja, trotz Progress kann ich erstmal in meiner bisherigen Behandlung bleiben, denn die Kryoablation nehmen wir zusätzlich dazu. Das beruhigt mich ungemein: Ich habe mein Sicherheitsnetz, und beim nächsten Progress weiß ich immer noch, wie es weitergeht. Das Gefühl, nicht ins Bodenlose zu fallen, sondern aufgefangen zu werden, ist Gold wert.

Wenn Progress nicht alles ist

Im Krebs Campus sprechen wir häufig über diese Momente, in denen ein Progress unsere Welt durcheinander wirbelt. Ich selbst habe in zwölf Jahren so viele unterschiedliche Rezidive erlebt, dass ich längst aufgehört habe zu zählen. Manche waren richtig dramatisch, andere wie jetzt gerade eher „kleinere“ Herde. Trotzdem ist jeder Progress ein Schock, vor allem für meine Familie. Und doch weiß ich: Progress ist nicht das Ende, sondern “nur” ein weiterer Schritt, der eine neue Therapie nötig macht.

Deshalb dreht sich mein heutiges YouTube-Video “Der KREBS wächst wieder? Warum Progress KEIN Weltuntergang ist!” um meinen Umgang mit solchen Hiobsbotschaften. Ich erzähle dir offen von meiner persönlichen Erfahrung und zeige dir bewährte Strategien, wie du mit der Angst vor dem Fortschreiten souverän umgehen kannst. Und du erfährst, welche konkreten Schritte du tun solltest, um deine mentale Stärke zu erhalten. Das Video macht Mut, stärkt deine Selbstwirksamkeit und zeigt dir, dass ein Progress zwar ein Rückschlag ist, aber keineswegs sofort das Ende deines Lebens. Das Video findest du hier.

Zwischen Partnerliebe und Angst

2020 trat mitten in einem heftigen Progress Sebastian in mein Leben. Eine Beziehung zu starten, während ständig die Angst um die eigene Zukunft mitschwingt, klingt verrückt – doch genau so war es. Was passiert, wenn Liebe sich bereits im Kennenlernprozess mit Sorgen um den neuen Partner vermischt? In unserem Fall ist daraus etwas Wundervolles entstanden, sicher auch, weil ich mich über die Jahre intensiv mit meiner Selbstliebe trotz Krebs auseinandergesetzt habe.

Eine Krebserkrankung kann unser Körperbild und unsere Sexualität stark verändern. Narben, Dauerschmerzen oder veränderte Haut begleiten uns, und Krebs mischt sich ungefragt in unser Liebesleben ein. Trotzdem (oder gerade deshalb) dürfen wir offen über Nähe und Intimität sprechen. Für mich ist die Zuneigung von Sebastian eine große Stütze, die mir Kraft gibt und mich daran erinnert, dass ich mehr bin als meine Diagnose. Genau deshalb haben wir einen neuen Workshop aufgenommen, in dem ich frei darüber rede, wie wir den eigenen Körper wieder lieben lernen und so auch offener für Zärtlichkeit werden. Das umfangreiche Video zum Workshop und das Begleitmaterial findest du ab heute – wie alle vergangenen Workshop-Videos – auf der Webseite oder direkt in der Community auf Discord.

Ich wünsche mir, dass du spürst, du musst dich für deine Bedürfnisse nicht schämen. Nähe und Geborgenheit sind enorm wichtig für unsere seelische Balance – und sie bringen ein Stück Normalität in unser oft so turbulentes Krebsleben.

Mehr als nur Diagnose

Das ist schließlich mein großes Anliegen: Ich bin nicht nur Patientin. Ich bin Gründerin, Mama, Freundin und in einer liebevollen Beziehung. Auch du bist viel mehr als dein Befund. Lass uns das nicht vergessen, gerade wenn ein Progress kommt. Wir können neue Wege einschlagen, wir können weiter träumen und Pläne schmieden. Und wenn die nächste Therapie ansteht, dann heißt es eben wieder koordinieren: Arztgespräch, Eingriffe, Therapieumstellungen – und zwischendurch vielleicht ein weiteres Meeting im Impact Hub.

Dein Mut, deine Zukunft

Am Ende dieser Woche sitze ich hier, leicht müde, aber zuversichtlich. Ein Plan für die Kryoablation steht, meine Immuntherapie läuft noch, und im Hintergrund wächst der Krebs Campus. Wenn ich auf die letzten Tage zurückblicke, finde ich es verrückt, wie fließend sich all das ineinander fügt: Arbeit, Fortschritt, Familie, neue Rezidive und ja, auch meine Sexualität. Das Leben lässt uns eben nicht nur eine Aufgabe bearbeiten, sondern wirft uns gleich mehrere Brocken auf einmal hin. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – lächle ich. Ich weiß: Wir alle haben das in uns, was es braucht, um diese Phasen zu überstehen.

Bleib mutig und vergiss nie, dass du mehr bist als deine Diagnose.

Herzliche Grüße,
deine Babett

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