Krebs Aktuell | 15. Juni 2025

Zwischen Angst, Warten und Weitermachen

auch diese Woche flog vorbei, obwohl ich mich fühlte, als würde ich in einer endlosen Warteschleife hängen. Im Campus sitzen gerade viele von uns in genau demselben Boot: Wir warten auf den Start einer neuen Therapie oder einer Studie, auf einen Arztbrief, auf den Anruf eines Arztes. Während wir warten, haben wir das beängstigende Gefühl, dass der Krebs unbeeindruckt weiter wächst. Manche spüren jeden Tag ein bisschen mehr, wie die Kräfte schwinden, wie jede alltägliche Handlung zu einem unüberwindbaren Berg wird, der ohne Hilfe nicht überwunden werden kann. Diese Hilflosigkeit zehrt bei uns und unseren Familien an den Nerven und ist schwer aushaltbar.

Wie ich die Ungewissheit handhabte

Ich erinnere mich an einen Satz aus einer Broschüre: „Manches liegt außerhalb deiner Kontrolle, aber du kannst entscheiden, wie du damit umgehst.“ Also versuche ich, mich auf das zu konzentrieren, was heute möglich ist. Ich spreche laut aus, wenn mir die Angst im Nacken sitzt, damit sie nicht in meinem Kopf Karussell fährt. Und ich sammle jeden Tag einen kleinen Augenblick, der mich daran erinnert, dass das Leben nicht nur aus Wartezimmern besteht, diese Marmeladenglasmomente sind mein persönliches Gegengift.

Viele von uns haben auch gute Erfahrungen mit diesen einfachen Ideen gemacht:

  • Hol dir solides Wissen: Frag dein Behandlungsteam klar nach den nächsten Schritten und in welchem Zeitraum diese passieren und schau im Campus nach verlässlichen Infos. Wissen schafft ein Stück Kontrolle.
  • Erkenne deine Grenzen: Nicht alles liegt in deiner Hand. Manchmal hilft es, genau das zu akzeptieren.
  • Lass Angstgedanken weiterziehen: Stell dir vor, sie treiben auf Wolken davon oder platzen als Seifenblasen vor deiner Nase, so dass du die Spritzer auf der Nase spürst.
  • Bleib im Hier und Jetzt: Konzentrier dich auf den Kaffee, den Geruch des Sommerabends oder den Klang deines Lieblingslieds.
  • Beweg dich so viel wie möglich: Geh so oft wie möglich spazieren. Auch sanftes Dehnen oder ein paar Schritte im Flur bringen den Kreislauf in Schwung.
  • Regel deinen Alltag: Ein fester Plan für Mahlzeiten, Termine und kleine Pausen gibt Halt.

Probier aus, was dir liegt, und lass weg, was nicht passt.

Nächte sind besonders lang

Abends, wenn ich mich neben Sebastian lege, kommt manchmal die Panik, die tagsüber keine Lücke findet. Mein Herz rast, ich klammere mich an ihn und warte, bis die Angst vorüberzieht. Nicht jede:r hat nachts eine Schulter zum Anlehnen, also haben wir eine offene Nachtsprechstunde im Campus eingerichtet. Wer nicht schlafen kann, findet dort Gesellschaft. Einfach reinschauen, Mikro an oder aus: Hauptsache, niemand ist allein.

Marmeladenglasmoment der Woche

Mittwoch waren wir beim Sommerfest in Thedas ehemaligen Hort. Meine Tochter, jetzt eine stolze Gymnasiastin, wurde von ihren früheren Erziehern mit offenen Armen empfangen. Es ist ein heilpädagogischer Hort mit wundervollen Unterstützungsangeboten für Kinder, die einen schwereren Start ins (Schul)Leben haben. Thedas Weg erinnert mich daran, wie viel möglich ist, wenn wir aufeinander achtgeben und die nötige Unterstützung finden, auch wenn die Ausgangslage schwierig ist. Ich bin stolz wie Bolle und feiere mit Theda den erfolgreichen Abschluss ihres ersten Jahres auf dem besten Gymnasium der Welt (O-Ton Theda).

Ein dunkles Kapitel

In diesem Video nehme ich dich mit durch eine der schwierigsten Phasen meiner langjährigen Krebserkrankung. Eine Operation im Jahr 2022 verwandelte sich plötzlich in einen Kampf um Leben und Tod, denn es gab Komplikationen, Fehler und unerwartete Wendungen. Im Video erzähle ich dir die ganze, wirklich dramatische Geschichte: von gefährlichen Verwachsungen, einer lebensbedrohlichen Darmverletzung bis hin zu einer schweren Bauchfellentzündung und kritischen Komplikationen wie einer Lungenembolie und einem Pneumothorax. Meine Geschichte zeigt vor allem, wie wichtig es ist, selbst informiert zu sein, Fehler rechtzeitig zu erkennen und mutig für sich einzustehen. Du wirst erfahren, welche Lehren ich aus diesem Erlebnis gezogen habe und welche konkreten Tipps ich dir mitgeben möchte, um dich auf deinem eigenen Weg bestmöglich zu schützen. Und vor allem zeigt es eben deutlich, was ich auch bei Thedas Geschichte sehe: Wir können auch die schwierigsten Momente schaffen, wenn wir nicht alleine da durch müssen. Zum Video auf YouTube gelangst du hier.

Gemeinsam warten, gemeinsam hoffen

Und nun warte ich eben wieder auf einen Arztbrief oder einen Anruf, der mir endlich sagt, wie groß der neu entdeckte vierte Tumor war, wann die nächste Kontrolle ansteht und ob wir mit der jetzigen Therapie weitermachen. Solange die Antwort ausbleibt, halte ich mich an das, was mir guttut: kurze Spaziergänge, gute Gespräche, unsere Metastasensprechstunde, bei der wir lachen und weinen dürfen. Wenn auch du dich gerade durch unsichere Zeiten kämpfst, komm gern zu uns, egal, ob Betroffene:r oder Angehörige:r. Die Angst hat weniger Macht, wenn wir über sie sprechen.

Ich wünsche dir Zuversicht für die nächste Runde im Wartezimmer und viele kleine Momente, die deine Woche heller machen. Danke, dass du den Krebs Campus mit Leben füllst und unsere Idee weiterträgst. Zusammen ist das Warten nicht leichter, aber besser auszuhalten.

Sonnige Grüße
deine Babett

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