Krebs Aktuell | 13. April 2025

Zwischen Vereinssterben und neuem Selbstbewusstsein

diese Woche wurde mir wieder deutlich, wie viel Herzblut und Ausdauer es braucht, um in der Krebsversorgung wichtige Lücken zu füllen. Am Mittwoch erreichte mich die Nachricht über massive Finanznöte des Haus Leben e.V. in Leipzig. Dort bieten Expert:innen eine psychoonkologische Rundumbetreuung für Menschen mit Krebs an, dazu gehören auch betroffene Familien mit Kindern. Als krebskranke Mama weiß ich, was es bedeutet, wenn jemand an deiner Seite ist, der dich unterstützt. Jetzt fällt für das Haus Leben die staatliche Förderung für das nächste halbe Jahr weg, und plötzlich fehlen 94.081,80 Euro, um 2025 zu überleben. Ohne Vorwarnung, von jetzt auf gleich.

Traurigerweise ist das kein Einzelfall. Ähnlich schwierig sieht es für den Verein Wolfsträne aus, der Kinder nach dem Verlust eines Elternteils begleitet, oder für was-essen-bei-krebs.de, der Krebspatient:innen in Ernährungsfragen berät. Alle diese Vereine leisten Enormes, weil sie genau jene Sorgen auffangen, die Onkolog:innen im Klinikalltag oft nicht decken können – und wir Betroffenen spüren, wie essentiell dieses Engagement ist.

Wenn Ehrenamt am Limit steht

Spricht man mit anderen Organisationen, hört man überall das Gleiche: Unsichere Finanzierung, steigende Kosten, zurückgehende Spenden. Selbst etablierte Vereine wie Mamazone – eine der größten deutschen Initiativen für Brustkrebspatientinnen – ringen um verlässliche Förderungen. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, neue Ehrenamtliche zu finden und genug digitale Reichweite zu erzielen, um in der heutigen Zeit sichtbar zu bleiben.

Neue Wege und neue Ideen

Es braucht dringend neue Konzepte in der Selbsthilfe. Wir müssen lernen, mit der Digitalisierung Schritt zu halten und andere Finanzierungsquellen zu nutzen. Darum war ich sehr froh, dass wir mit dem Krebs Campus an der Content Creator Masterclass von Roche teilnehmen durften. Die Content Creator Masterclass ist eine Plattform, auf der medizinische Fachkräfte, Patientenvertreter:innen und Influencer:innen Anregungen bekommen, wie man im Internet mit Gesundheitsthemen professioneller auftreten und mehr Menschen erreichen kann.

Dass hinter solchen Veranstaltungen auch strategische Interessen von Roche stecken, ist klar. Aber Angebote wie diese helfen uns, unsere Geschichten zu erzählen, fundierte Informationen zu verbreiten und neue Betroffene überhaupt zu erreichen. Denn wer in sozialen Medien nicht sichtbar ist, findet quasi nicht statt. Und solche Veranstaltungen helfen eben auch dabei, neue Impulse zu bekommen, sich zu vernetzen und innovative Finanzierungskonzepte zu entwerfen.

Ist es moralisch verwerflich, bezahlt zu werden?

Genau hier wird es immer wieder unangenehm in unserer „Krebsbubble“. Kaum erhebt eine Organisation den Anspruch, finanzielle Sicherheit zu schaffen, werden Stimmen laut, die fragen: „Ist das nicht unethisch, an Betroffenen zu verdienen?“ Doch mal ehrlich: Wer sieben Tage und oft 60 Stunden die Woche, für Aufklärung, Beratung und Veranstaltungen arbeitet, kann das dauerhaft nicht allein ehrenamtlich stemmen. Und wir sollten uns dafür nicht schämen.

“Wieso darf ein Verein Spenden annehmen, wenn es um Mietkosten oder Gehälter geht, aber sobald Influencer:innen oder Patientenorganisationen versuchen, ihre Arbeit professionell zu finanzieren, wird ihnen Gier oder Unmoral vorgeworfen? Und wird die Arbeit eines Vereins weniger wichtig oder weniger wertvoll, wenn er über nachhaltigere Finanzierungsmöglichkeiten nachdenkt?”

Es geht doch nicht darum, Reichtümer anzuhäufen, sondern Sicherheit zu schaffen, damit unsere Angebote langfristig bestehen bleiben. Wir brauchen neue Wege der Finanzierung, um nicht jedes Jahr aufs Neue zittern zu müssen, ob Zuschüsse oder Spenden ausreichen. Von sicheren Versorgungsstrukturen profitieren doch letztendlich alle Betroffenen.

Neues Selbstbewusstsein statt Neid

Mich betrübt es, wenn in unserer Community Neid oder Vorwürfe aufkommen, sobald jemand professionell Geld für seine Aufklärungsarbeit und Unterstützungsangebote bekommt. Ehrenamt ist wunderbar, aber wir dürfen nicht vergessen, dass viele Projekte daran scheitern, weil die Engagierten finanziell ausbluten und aufgeben müssen. Wir sollten viel mehr zusammenstehen und innovative Lösungen suchen. Denn ist es nicht wichtiger, dass wir Krebsbetroffenen wirklich helfen und Angebote sicherstellen, statt uns gegenseitig zu verurteilen?

Ein Blick nach vorn

All diese Beispiele – vom Haus Leben in Leipzig bis zu Wolfsträne und Mamazone – zeigen, wie sehr wir auf verlässliche Förderungen angewiesen sind. Wenn uns dabei gelegentlich Konzerne, Stiftungen oder Mitgliedsbeiträge unterstützen, ist das nichts Schlechtes. Solange wir transparent bleiben und unsere Integrität wahren, dürfen wir ruhig selbstbewusst sagen: „Unsere Arbeit ist wertvoll – und dafür brauchen wir Ressourcen.“

In diesem Sinne: Vielleicht ist es dir ja möglich, deine Lieblings-Organisation oder deinen Lieblingsverein mit einer Mitgliedschaft, einer Spende oder deinem Engagement zu unterstützen? Wir schaffen diese herausfordernden Zeiten nur gemeinsam – mit Solidarität und vereinten Kräften.

Ganz liebevolle Grüße,
deine Babett

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