Krebs Aktuell | 30. März 2025
Zwölf Jahre Staging: Bangen und Hoffen
Diese Woche stand bei mir wieder ein Kontrolltermin an, und damit das altbekannte Bangen: „Zeigt das CT oder MRT irgendwelches Wachstum? Sind neue Tumoren oder Metastasen da?“ Schon seit zwölf Jahren schlage ich mich alle drei Monate mit dieser Frage herum. Du weisst ja, gerade steht Progress im Raum. Das wäre dann der 15. Progress in den 12 Jahren. Das bedeutet jedes Mal: neue Therapieentscheidungen, neue Therapien und neue Nebenwirkungen, mit denen ich leben lernen muss.
Zwölf Jahre und (hoffentlich) kein Ende
Wenn ich an meine Erstdiagnose im März 2013 denke, frage ich mich: Was hätte ich damals gesagt, wenn mir jemand prophezeit hätte, ich würde in zwölf Jahren immer noch da sein – und dann auch noch als „Leitfigur“ für metastasierte Langzeitlebende im öffentlichen Raum für Aufklärung stehen? Wahrscheinlich hätte mich eine unbeschreibliche Angst überwältigt. Zum Glück wissen wir vorher nicht, welche Mammutaufgaben das Leben für uns bereithält. Und jetzt, nach all den Jahren, empfinde ich eine Art Stolz: Was habe ich schon alles überlebt und gemeistert!

Kein Heiliger Gral des Überlebens
Manchmal fragen mich Menschen: „Wie schaffst du es, trotz alledem so positiv zu bleiben?” Ganz ehrlich: Ich habe keinen heiligen Gral. Ich gehe diesen Weg das erste Mal – genauso wie du. Und ja, ich habe inzwischen viel Wissen angehäuft, ich kenne und verstehe meine Therapien und habe Strategien, um mich vor dem emotionalen Absturz zu bewahren. Aber ich bin kein Guru, keine „Allwissende“. Ich bin einfach eine von uns, eine Krebspatientin, die Tag für Tag lernt, mit dieser Krankheit zu leben und die durch pures Glück die richtigen Studienfächer gewählt hat.
Gemeinschaft, die trägt
Vielleicht spüre ich auch so viel Halt, weil ich am Freitag in meiner Metastasen-Sprechstunde war und mich in unserer Krebs Campus-Community geborgen fühle. Mir ist es wichtig, dass ich nicht „die große Babett“ bin, sondern eine von vielen, die dieselben Ängste und Unsicherheiten teilen. Manchmal wissen andere sogar besser als ich, was gerade weiterhilft – dann höre ich zu und lasse mich auffangen. Das ist das Wunderbare an unserer Community: Wir sind füreinander da. Keiner muss sich allein durch diesen Dschungel aus Untersuchungen, Blutwerten und möglichen Progressen kämpfen. Auch ich nicht!
Routine gibt es nicht
Obwohl ich also längst „Erfahrungsprofi“ bin, bleibe ich vor jedem Staging nervös. Die Angst springt einfach an, und das ist okay. Ich habe aber gelernt, besser damit umzugehen:
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Stabilisierungs-Anker: Wenn ich merke, dass mich Panik überrollt, schließe ich kurz die Augen und rufe mir ein positives Bild ins Gedächtnis – zum Beispiel eine Situation, in der ich viel Spass mit meiner Tochter hatte oder mich in Sebastians Armen geborgen gefühlt habe. Das holt mich aus der Angstspirale heraus.
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Beruhigungs-Atmung: Ich atme vier Sekunden ein, halte kurz die Luft an und atme dann 8 Sekunden wieder aus. Das wiederhole ich ein paar Mal. Mein Puls beruhigt sich, und ich bekomme einen klaren Kopf.
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Plan B in der Tasche: Ich betone es immer wieder, wie entspannend es ist, wenn man die Lösung für Progress schon in der Tasche hat. Ein sicherndes Netz fühlt sich viel besser an, als unvorbereitet ins Bodenlose zu stürzen.
Molekulares Tumorboard – und doch kein Plan C
Am Mittwoch war endlich auch das Ergebnis meines Molekularen Tumorboards da. Seit Oktober warte ich darauf. Leider stand darin, dass man bei meinem HCC, mikrosatellitenstabil und mit sehr niedriger Tumormutationslast, keine gezielte Therapie empfehlen kann. Zwar fand man zwei Amplifikationen (CDK4 und MDM2), doch sie gelten für meine Art von Leberkrebs als nicht ausreichend, um eine bestimmte Behandlung abzuleiten. Das bedeutet, ich bleibe erst mal bei meinem Plan B – ein richtiger Plan C ergibt sich daraus leider nicht. Trotzdem freue ich mich, dass wir mittlerweile die Möglichkeit eines molekularen Tumorboards haben. Denn wer weiss, welche zielgerichteten Therapien in den nächsten Jahren entwickelt werden. Ich kenne meine Erkrankung jetzt noch ein wenig genauer und das kann irgendwann vielleicht sehr nützlich sein.
Dienstag entscheidet sich alles
Nun heißt es warten: Am Dienstag werden meine Ergebnisse im Tumorboard besprochen, und gleichzeitig bekomme ich an dem Tag auch meine “alte” Infusion. Vielleicht ist es dann das letzte Mal mit dieser Therapie, vielleicht nicht – das hängt ganz vom Befund ab. Ich bin gespannt, versuche aber gelassen zu bleiben. Wenn es wirklich einen Progress gibt, wechsle ich eben in meinen „Plan B“, der dann halt zu meinem neuen wunderbaren Plan A wird. Zuversicht ist meine beste Begleiterin in diesem verrückten Leben.
Wenn ‚gesund‘ dir schaden kann!
In meinem heutigen Video erkläre ich dir, warum allgemeine „gesunde“ Ernährungstipps – wie die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) – nicht automatisch für Krebspatient:innen gelten. Du erfährst, was die wichtigen Unterschiede zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention sind und wie du gezielt herausfinden kannst, welche Ernährung und Lebensweise speziell für dich und deinen Körper während einer Krebserkrankung richtig sind. Ich gebe dir konkrete Beispiele, etwa warum Krebspatient:innen deutlich mehr Protein benötigen oder warum pflanzenbasierte Ernährung nicht immer reicht. Das Ziel: Deine Gesundheit stärken, Verunsicherung abbauen und deine Selbstwirksamkeit steigern. Hier gelangst du zum Video auf YouTube.
Aber jetzt hebe ich – erst einmal – das Glas (oder die Kaffeetasse) und sage: Auf die nächsten zwölf Jahre! Wer weiß, welche Überraschungen uns die Zeit noch bringt und welche wunderbaren Therapien für uns noch am Horizont erscheinen.
In diesem Sinne,
deine Babett
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